Johannes taufte in einer Höhle

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AusgrabungenVorderasien/Naher OstenKult & Religion

Johannes der Täufer, der Verkünder des Jesus von Nazareth als Messias, ist auf Abbildungen leicht zu erkennen. Sein Markenzeichen ist ein Lendenschurz aus Fell, ein Stab in der Hand und seine Haarpracht. Sein Geburtsort, Ein Kerem bei Jerusalem, ist bekannt, ebenso die Taufe Jesu am Jordan. Wenige wissen, dass Johannes, der vom Herodes Antipas, dem Sohn des Königs Herodes geköpft wurde, auch „in der Wüste“ in einer Höhle tätig war. Der britisch-amerikanische Archäologe Shimon Gibson eröffnete nun der Öffentlichkeit, daß eine Höhle im Kibbuz Zuba bei Jerusalem „mit großer Gewissheit“ jene war, in der Johannes der Täufer wirkte.

Vor fünf Jahren stieß der Forscher fast zufällig auf den von Gestrüpp überdeckten Eingang zu einer Höhle. Sie war fast bis an die Decke mit Erde gefüllt. Aber schon bei der ersten Visite sah er eine in den Putz eingeritzte Figur. Schemenhaft erkannte er die Symbole von Johannes dem Täufer. Später sollte er auch noch die Abbildung vom Kopf des geköpften Johannes an den Wänden finden, die Abbildung eines Armes, Kreuze, ein verblasstes Kamel.

Drei Jahre lang erforschte Gibson unter Geheimhaltung die Höhle, befreite sie von Erde und einer viertel Million Tonscherben, die allesamt von zerbrochenen Wasserkrügen stammten, wie sie in Jesu Zeit auf dem Esstisch standen. Die Ausmaße der Höhle sind immens. Sie ist 24 Meter lang, quadratisch in den Fels gehauen, jeweils 4,5 Meter hoch und breit. Egon Lass, ebenfalls ein Archäologe, prüfte die drei Schichten des Putzes an den Wänden. Zwei separate Institute konnten anhand organischer Teilchen im Gips feststellen, dass der Putz zu Lebzeiten des Königs Salomon aufgetragen sein musste. Die Methode der drei Schichten garantiert Haltbarkeit und ist wasserdicht.

Für die Forscher war das eine große Überraschung. Denn es gab keine Ortschaft in der Nähe. Die Höhle entstand nicht als Steinbruch. Und eine so große Zisterne macht eigentlich keinen Sinn mitten in der Landschaft. Ebenso fehlte ein Loch in der Decke, wodurch das Wasser geschöpft werden könnte. Weitere Rätsel warf eine monumentale Treppe auf. 21 breite Stufen führen herab zum Fußboden. Das unterirdische Bauwerk war viel zu groß, um als „Mikve“ zu dienen, als rituelles jüdisches Tauchbad. Davon gibt es hunderte im nahen Jerusalem. Aber die sind ausnahmslos kleiner.

Im ersten Jahrhundert, also zu Lebzeiten Jesu, des Johannes und in den Jahren danach, muss es einen eigentümlichen Ritus in dieser Höhle gegeben haben. Egon Lass erzählt: „An keinem anderen Ort haben wir jemals so viele Scherben von kleinen Wasserkrügen gefunden, aber kein einziges erhaltenes Stück. Wir haben nur die Hälfte der Höhle freigelegt und etwa eine viertel Million Scherben gefunden, aber keine einzige Scherbe außerhalb der Höhle.“ Mehr will der professionelle Archäologe dazu nicht sagen. Die Interpretation liefert Gibson: „Untertauchen, wie bei der Taufe am Jordan, konnte man in der Höhle nicht. Aber man konnte mit dem Krug Wasser schöpfen und dem Gläubigen über den Kopf gießen. Aus unerklärlichen Gründen wurde dann der Krug zerschlagen.“

Weder jüdische noch christliche Schriften oder Traditionen liefern Hinweise zu einem anderen merkwürdigen Fund gleich beim Eingang der Höhle: ein Felsbrocken mit eingemeißeltem Loch, in das ein rechter aber kein linker Fuß genau hineinpasst. In einem etwas kleineren Loch wurde offenbar eine Flüssigkeit aufbewahrt, die durch eine Ritze in das Fußbett fließen konnte. „Wir kennen Fußwaschungen mit Wasser. Hier wurde offenbar nur der rechte Fuß mit Öl benetzt“, sagt Gibson, ohne eine echte Erklärung zu haben.

Anhand der Erdschichten in der Höhle konnten die Forscher ermitteln, dass diese Höhle bis zum elften Jahrhundert verwendet wurde. Ab dann war sie plötzlich in Vergessenheit geraten und erst jetzt wiederentdeckt worden.

Reuven Kalifon aus Kibbuz Zuba erzählt: „Auch die Christen flohen vor den Kreuzfahrern. Die unterschieden nicht zwischen Juden, Christen und Moslems. Jeder wurde niedergemacht. So hatten die Kreuzfahrer keine Ahnung von der ursprünglichen Höhle, wussten aber von einer Johannestradition. Deshalb errichteten sie in einem Kilometer Entfernung über einer unhistorischen Höhle ein Kloster, nahe der Hauptstraße, und setzten die Tradition fort.“ Gibson ergänzt: „Für uns ist das ein Segen, denn so fanden wir eine frühchristliche heilige Stätte ohne spätere zerstörerische Überbauung.“

Kalifon erzählt bei der Gelegenheit auch, wieso Johannes der Täufer ein Fell als Lendenschurz und wildes Haar trug. „Das Neue Testament wurde von Juden für Juden geschrieben. Die wussten, dass der Prophet Elias den Messias ankündigen würde. Der trug ein Fell und hatte wildes Haar, wie es im Alten Testament steht. Also wurde Johannes die Aufgabe übertragen, als „Elias“ den Messias Jesus anzukündigen. Da sowohl Elias wie Johannes dem Priestergeschlecht (Cohen) angehörten, war dieser Anspruch sogar glaubhaft. An einer Stelle redet Jesus über Johannes den Täufer als Elias.“