DIE ZEIT: Herr Professor, in ihrer Frühzeit zählte die Menschheit vielleicht nur 6000 Köpfe. Nun sind es sechs Milliarden, das beschert uns eine Menge Probleme. Haben Sie da nichts Wichtigeres zu erforschen als den Ursprung der menschlichen Spezies?

PaulMellars: Die Alternative ist Ignoranz. Ein prekärer, ja gefährlicher Zustand, denn er erlaubt es Ideologen, eigene Versionen der Menschheitsgeschichte nach Belieben zu erfinden – so wie es politische Bewegungen und Religionen immer getan haben. Denken Sie nur daran, dass viele Christen noch immer glauben, die Schöpfung habe 4004 vor Christus stattgefunden.

ZEIT: Und? Was lernen wir aus der Vorgeschichte?

Mellars: Ob sie uns Lektionen für die Zukunft zu bieten hat, da bin ich nicht sicher. Immerhin können wir Muster erkennen. Wir sehen zum Beispiel seit vorgeschichtlicher Zeit ein exponentielles Wachsen menschlicher Technologien, eine rasante Zunahme ihrer Komplexität. Doch war das nicht immer so. Zwischen 1,6 Millionen und 600000 Jahren vor unserer Zeit gab es in dieser Hinsicht Stillstand, es war eine Periode mit bemerkenswert wenig technischem Wandel.

ZEIT: Moderne Menschen gab es damals nicht…

Mellars: Nein, es war die Zeit des Homo erectus. Doch zeigt uns das Beispiel, dass auch unsere technologische Entwicklung stagnieren könnte. Ein Computerexperte hat mir gesagt, in der Chiptechnologie sei ein Ende des Fortschritts absehbar.