Das Ereignis liegt drei Jahre zurück. Noch heute schüttelt Margarete van Ess ungläubig den Kopf, wenn sie daran denkt. "Es passieren Dinge", sagt sie, "da macht der Verstand einfach nicht mehr mit." Die Wissenschaftlerin, hundertprozentig ohne den geringsten Hang zur Mystik, schiebt ein Foto über ihren schweren Schreibtisch. Das Farbbild zeigt Männer und Frauen in Freizeitkleidung. Ihre Haare stehen steil zu Berge, wie bei verschreckten Comicfiguren.

Eine elektrische Aufladung der Luft, gewiss. Kein Psi-Phänomen, sondern erklärbar. Aber seltsam war es doch, als sich damals in der irakischen Wüste der heitere Frühlingstag plötzlich in eine Hölle verwandelte. Van Ess führte gerade eine Delegation über das Grabungsgelände von Uruk, da fegte nach der elektrischen Aufladung als zweiter Vorbote eines Gewitters blitzschnell ein Sturm heran. Er wirbelte eine derart gewaltige Staubwand auf, "dass wir kaum noch Luft bekamen". Im aufkommenden Unwetter mit Blitz und Hagel gelang es ihr gerade noch, die 150-köpfige Teilnehmerschar des Kongresses 5000 Years of Writing in die Busse zu scheuchen. Dann barst der Himmel. Der Wind riss die Empfangszelte aus ihren Verankerungen. Planen, Schnüre, Stangen wirbelten durch die Luft.