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England Bauarbeiter finden Königsgrab

Bei Straßenbauarbeiten in England tat sich eine archäologische Schatzkammer auf: ein vollständig erhaltenes, 1400 Jahre altes angelsächsisches Königsgrab, in dem alles noch an seinem Platz war - bis auf den Toten.

Vergoldete Kreuze, Glasgefäße, Becher: Mehr als 60 Artefakte fanden Archäologen in der Grabkammer bei Southend, 65 Kilometer östlich von London. "Das ist extrem bedeutend, weil es äußerst selten gelingt, eine angelsächsische Grabkammer zu finden - ganz zu schweigen von einer so gut erhaltenen", sagte Ian Blair vom Museum of London, einer der Archäologen an der Ausgrabungsstätte. Die Grabkammer gehöre neben Sutton Hoo und Taplow zu den wichtigsten britischen Fundtätten aus jener Zeit.

Überraschend seien vor allem die weit entfernten Herkunftsorte mancher Fundstücke. "Die Grabbeigaben stammen aus ganz Europa und dem Nahen Osten", sagte Blair. "Das ermöglicht uns neue Einsichten in das Verständnis jenes Zeitalters." Ein besserer Zustand sei für ein angelsächsisches Grab kaum vorstellbar. "Alle Metallobjekte sind in ausgezeichnetem Zustand."

Seit dem siebten Jahrhundert blieb die Grabkammer unberührt. Nur eines ist verschwunden: der Tote. Das saure Erdreich, erklären die Forscher, habe die Leiche während der Jahrhunderte vollständig aufgelöst. Das erschwert eine Antwort auf die Frage, für wen das Grab gebaut wurde - zumal über die chaotische Zeit im Europa zwischen dem Ende der Antike und dem Beginn des Mittelalters nur lückenhafte Erkenntnisse existieren.

Die Menge und die Qualität der bei Southend gefundenen Grabbeigaben lasse jedoch auf einen Prinzen oder einen lokalen König schließen, glauben die Wissenschaftler. Die vergoldeten Kreuze, die auf den Körper gelegt wurden, deuten auf einen christianisierten Herrscher hin. Blair und seine Kollegen spekulieren auf Saebert, der im Jahr 604 zum Christentum konvertierte und 616 starb, oder Sigeberht II., der 653 konvertierte.

Allerdings helfe auch diese Theorie nicht sehr viel weiter, wie die Archäologen einräumen: Über keinen der beiden Herrscher sei wesentlich mehr bekannt als der bloße Name. Blair bezeichnete die Grabkammer dennoch als ähnlich bedeutend wie die großen Funde von Sutton Hoo in der Grafschaft East Anglia und Taplow in Buckinghamshire. "Die Grabbeigaben aller drei Stätten haben viel gemeinsam", so der Forscher. "Aber es gibt auch interessante Abweichungen. Wir haben eine Menge Arbeit vor uns."