Archäologie in Deutschland. Stuttgart: Theiss. ISSN 0176-8522

 

Die für einen größeren Leserkreis bestimmte Zeitschrift berichtet viermal jährlich über aktuelle Themen aus dem Bereich der Archäologie. Der zeitliche Rahmen reicht von der Vor- und Frühgeschichte bis zur modernen Industriearchäologie. Jedes Heft setzt einen bestimmten Themenschwerpunkt. Die Ausstattung der Hefte mit Plänen, Karten und in der Regel farbigen Abbildungen entspricht dem bei Theiss üblichen hohen Niveau. Von besonderem Interesse für die Erforschung der Spätantike ist nicht zuletzt die Rubrik „Aktuelles aus der Landesarchäologie“, in der Mitarbeiter der einzelnen mit der archäologischen Forschung befaßten Landesämter ihre neuesten Erkenntnisse vorstellen. Gerade weil eine endgültige wissenschaftliche Publikation oft erst nach Jahren erfolgt, sind solche vorläufigen Berichte auch für die Fachwissenschaft höchst wertvoll. Das gilt auch für einzelne über die Grenzen Deutschlands hinausführende Beiträge und die international orientierte Rubrik „Nachrichten aus der Archäologie“. Für die spätere Kaiserzeit und den Übergang zum Mittelalter sind aus den bisher erschienenen Heften des Jahrgangs 2001 folgende Beiträge relevant:

 

Heft 1/2001 (Januar-März)

 

Unter dem Schwerpunktthema „Frühe Industrie“ (Editorial Matthias Knaut) berichtet Ines Spazier über die Erforschung des Eisenverhüttungszentrums Wolkenberg in der westlichen Niederlausitz, ca. 20 km südlich von Cottbus (S. 8–13). Mit mehr als 1200 Rennöfen ist es der größte spätgermanische Verhüttungsplatz in Deutschland, der seit 1994 im Wettlauf mit dem Braunkohlentagebau freigelegt wird. Die Funde werden fast ausnahmslos ins 4. Jh. datiert. Weitere Forschungen sollen der Frage nach der Weiterverarbeitung der aus dem Eisenerz gewonnenen Eisenluppe gelten.

 

Seit 1996 werden auf dem jungbronzezeitlich-früheisenzeitlichen Gräberfeld bei Schwanbeck (Lkr. Mecklenburg-Strelitz) Ausgrabungen durchgeführt, bei denen auch Körpergräber aus der späten römischen Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit zum Vorschein kamen. Bedeutend ist der Fund einer feuervergoldeten silbernen Zangenfibel aus dem 1. Drittel des 6. Jh. (J. Ulrich, S. 46).

 

Die weitere Erforschung der römischen Gräber in Xanten aus dem 2./3. Jh. erbrachte zahlreiche Beigaben, darunter einen Amethyst mit eingravierten Porträts (K. Kraus, S. 48f.).

 

U. Himmelmann informiert (S. 50) über die Grabungen des Landesamts für Dekmalpflege Speyer im römischen Vicus Eisenberg (Pfalz), der bis etwa 350 (Unruhen unter Kaiser Magnentius) bestand. Die Errichtung eines archäologischen Parks ist geplant. Informationen dazu unter www.pfalzarch.de/vicus/Index.htm

 

Im Zusammenhang mit der im Reiss-Museum Mannheim gezeigten Ausstellung „Das Gold der Barbarenfürsten. Vom Kaukasus bis Gallien, im 5. Jh. n. Chr.“ stellt Ursula Koch einige der spektakulären Funde vor (S. 62–65).

 

Die „Nachrichten aus der Archäologie“ berichten u.a. über die deutschen Forschungen zur ländlichen Besiedlung in Südportugal, wo die Grabungen an vier Landvillen forgeführt wurden. In Milreu bei Faro (dem antiken Ossonoba) wurde eine Anlage zur Produktion von Olivenöl freigelegt, die bis ins 5. Jh. in Betrieb war (S. 69f.).

 

Im Archäologischen Landesmuseum Schleswig sind die Funde aus dem Thorsberger Moor zu sehen, darunter das um 320 entstandene älteste seetüchtige Ruderboot des Nordens, das sog. Nydam-Boot (S. 70). Informationen unter www.nydam-halle.de

 

 

Heft 2/2001 (April-Juni)

 

Schwerpunktthema ist „Europas Mitte um 1000“ (Editorial Dieter Planck). Die Thematik des ersten Heftes „Frühe Industrie“ wird fortgesetzt mit einen Bericht von Gerd Weisgerber über das „Wallerfanger Bergblau“. Das begehrte blaue Mineral wurde in Stollen bei Saarlouis abgebaut. Römische Arbeitsspuren, eine Inschrift und ein Münzfund aus der Zeit des Kaisers Tetricus (270–274) belegen den Abbau zur Römerzeit (S. 8–13).

 

G. Wieland informiert über wertvolle Funde aus dem Gräberfeld bei Horb-Altheim (Kreis Freudenstadt), das zwischen 470 und 530 einer Alamannischen Sippe als Bestattungsort diente (S. 38).

 

W. Ebel-Zepezauer und J.-S. Kühlborn berichten über die Grabungen im Umfeld des römischen Marschlagers von Dorsten-Holsterhausen (Kreis Recklinghausen), wo sich auch mehr als 40 Gebäude einer germanischen Siedlung feststellen ließen, die bis zum Ende des 4. Jh. bestand. Mehr als 70 Rennöfen belegen eine intensive Verhüttung von Eisenerz durch die Germanen (S. 47).

 

Grabungen in Trier 1999/2000 förderten u.a. einen Glasofen zu tage, der in die 2. Hälfte des 2. Jh. datiert wird (St. Pfahl, S. 48).

 

Nach W. Reinhard zeichnet sich aufgrund der neuen Forschungen im Bliesbruck-Reinheim nicht nur eine Kontinuität im Bestattungswesen von der Hallstattzeit bis in die spätrömische Epoche ab, sondern wohl auch eine Siedlungskontinuität, die allerdings derzeit noch lückenhaft belegt ist (S. 49).

 

In einer Kiesgrube in Serbitz (Lkr. Delitzsch, Sachsen), in der Siedlungsspuren von der Jungsteinzeit bis in die Kaiserzeit nachgewiesen sind, wurden vier kaiserzeitliche Öfen aus dem 2. Jh. entdeckt (U. Ickerodt, S. 50).

 

Angelika Hunold u.a. stellen die spätrömische, teilweise rekonstruierte Höhenbefestigung (um 300) auf dem Katzenberg bei Mayen in der Osteifel vor. Die Anlage diente dem Schutz der Basaltlavastätten, die für die Herstellung von Mühlsteinen bedeutend waren (S. 68f.).

 

In den „Nachrichten aus der Archäologie“ zeigt Sebastian Ristow seinen Schlußbericht über die Ergebnisse der Kölner Domgrabung an (S. Ristow: Die frühen Kirchen unter dem Kölner Dom. Studien zum Kölner Dom 9). Demnach ließ sich „kein als Kirche des ersten Kölner Bischofs Maternus interpretierbarer Bau aus dem 4. Jh. nachweisen“ (S. 70). Sicher interpetierbare Kirchenbauten sind erst in das mittlere Drittel des 6. Jh. zu datieren. Die ersten Ergebnisse sind auch unter www.koelner-dom.de: Dombauverwaltung-Domgrabung abzurufen.

 

Heft 3/2001 (Juli-September)

 

Der Themenschwerpunkt „Romanisierung“ (Editorial Siegmar von Schnurbein) bietet naturgemäß für die Spätantike wenig, da zu dieser Zeit die Prozesse der Assimilation, Integration oder Separation (dazu knapp Alfred Haffner und Dirk Krausse, S. 18–20) weitgehend abgeschlossen waren. Das zeigt exemplarisch die Untersuchung eines Heiligtums auf dem Martberg bei Pommern an der Mosel (Martin Thoma, Häuser der Götter, S. 20–23). Nachdem schon 1885 das Provinzialmuseum Bonn dort Ausgrabungen vorgenommen hatte, konnte von 1994 bis 1999 das Landesamt für Denkmalpflege in Koblenz im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Romanisierung“ denTempelbezirk neu freilegen. In Verbindung mit gleichzeitigen Grabungen in den Tempelbezirken in Wallendorf (Kreis Bitburg-Prüm) und auf dem Titelberg in Luxemburg konnte der Kult der Treverer und sein Wandel in römischer Zeit an mehreren Stellen gleichzeitig archäologisch und natruwissenschaftlich untersucht werden. Auf dem Martberg „ließ sich die Entwicklung des Tempelbezirks über mindestens zehn Bauphasen und 500 Jahre hinweg verfolgen“ (S. 20). Im 2. Jh. vollzog sich der Wechsel von der Holz- zur Steinbauweise. Im 3. und 4. Jh. waren die zahlreichen Tempelbauten von einer weitläufigen (60 m x 70 m) Wandelhalle umgeben. „Im 5. Jh. dürfte die Anlage zugunsten eines frühchristlichen Zentrums in Karden am Fuß des Martbergs an Bedeutung verloren haben“ (S. 21).

 

Für die germanische Siedlungsarchitektur im Vorfeld des Limes sind die von Bernd Steidl vorgelegten Untersuchungen von Interesse (Die Germanen im Vorfeld des Limes, S. 32f.). Demnach zeigten Ausgrabungen von drei Hofstellen in Gaukönigshofen südlich von Würzburg in Bauschema und Bautechnik deutlich römischen Einfluß. Die Frage „Haben Germanen hier römisches Bauschema kopiert oder wirkten römische Ingenieure beim Aufbau ihrer Dörfer mit“ führt zu der Überlegung, daß womöglich „Rom die Aufsiedlung imVorfeld seiner Grenze durch gezielte Ansiedlung befreundeter Barbarengruppen gesteuert“ hat. Dagegen lassen sich weitere, über den Import von Produkten römischen Kunsthandwerks hinausgehende Einflüsse nicht feststellen, sodaß von einem Beharren in althergebrachten Lebensformen gesprochen werden kann.

 

B. Stapel informiert über eine bislang unbekannt Siedlung in Rosendahl-Osterwick (Kreis Coesfeld, Nordrhein-Westfalen) des 2.– 4. Jh. (S. 51).

 

R. von Rauchhaupt berichtet (S. 54) über Gräberfiunde der sog. Niemberger Gruppe aus dem 4./5. Jh.  in Röcken (Lkr. Weisenfels, Sachsen-Anhalt).

 

Peter Gamper und Hubert Steiner stellen die Ausgrabungen am Ganglegg bei Schluderns im Oberen Vinschgau vor, wo nach einer unbewohnten Phase während der röm. Kaiserzeit vom 3./4. Jh. an erneute Besiedlung festgestellt wurde, die sich in Baustruktur und Funden erhalten hat. (S. 58–61).

 

Joachim Gruber, Erlangen-München