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Cheops-Pyramide "Wir sind alle verarscht worden"

Über mangelnde Resonanz auf sein archäologisches Medienspektakel kann sich Zahi Hawwas nicht beklagen. Jedoch wäre es ihm sicherlich lieber gewesen, wenn diese positiver ausgefallen wäre.

Archäologen-Guru Zahi Hawwas, die Cheops-Pyramide, ein Mini-Roboter namens "Pyramid Rover", ein Sarkophag, ein 45 Zentimeter tiefer Hohlraum und eine Kalksteinplatte. Das waren die Protagonisten der vermeintlichen Live-Übertragung "Nacht der Pyramiden".

Bereits am Tag der Ausstrahlung meldeten sich die Antagonisten zu Wort: Hatte der Direktor des Berliner Museums, Dietrich Wildung, zunächst von einem "stinknormalen Kalksteinblock" gesprochen, "der den Rest des sicher unvollendeten Ganges blockiert", kommentierte er im weiteren Verlauf das Spektakel mit den Worten "Wir sind alle verarscht worden". Am Mittwoch äußerte sich Wildung nochmals in der FAZ: Chefarchäologe Zahi Hawwas hätte ein "Nullergebnis" zu einem "welthistorischen Ergebnis" umgedeutet, so der Nachschlag.

Kollege Frank Steinmann titulierte das Ganze schlicht als "Luftnummer". Gegenüber Spiegel-Online betonte er, dass unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaft bei dem TV-Spektakel gar nichts herumgekommen sei. Eine Schatzkammer an der Stelle des Hohlraums, so der Ägyptologe der Universität Leipzig, hätte eine Tür nach außen gehabt und diese wäre dann schon vor Jahrhunderten entdeckt worden. In der von Hawwas als geheimnisumwoben bezeichneten zweiten Tür sieht Steinmann, ähnlich wie Wildung, einen gewöhnlichen Pyramidenbau-Block.

Wildung widersprach auch der Behauptung Hawwas, es handle sich bei dem Sarkophag um den ältesten bisher geöffneten. Bereits vor 50 Jahren, so Wildung, sei der viel ältere Sarg des Pharao Sechemchet (um 2600 v. Chr.) in Anwesenheit der Weltpresse geöffnet worden. Auch hier fügte Steinmann hinzu, dass die Öffnung des Sarkophags durch Hawwas alles andere als fachmännisch gewesen sei. Einem nichtägyptischen Archäologen, so der Leipziger, der auf derart brutale Art und Weise mit der Brechstange hantiert hätte, wäre alsbald die Grabungskonzession entzogen worden.

Silvia Schoske, Leiterin des Ägyptischen Museums in München, bezichtigte die Produzenten der Sendung der "Effekthascherei" und bekräftigte den Vorwurf, man habe dem nichtsahnenden Publikum eine Live-Sendung vorgegaukelt. Die ägyptische Altertumsverwaltung, so Schoske weiter, hätte die seriöse Wissenschaft verlassen. Der Mit-Initiator des TV-Spektakels, die Fachzeitschrift "National Geographic", geht in die Verteidigung: Die Bilder seien in Realzeit live aus der Cheops-Pyramide gesendet worden.

Jedenfalls in den USA. In Deutschland sendete das ZDF die Bilder mit einstündiger Verspätung, da im US-Fernsehen neun Werbeunterbrechungen vorgesehen waren. Dem gutgläubigen Zuschauer verkaufte man die Bilder dann aber doch als Live-Material.

Rund 770 000 Zuschauer hatten am frühen Dienstagmorgen im ZDF die "Nacht der Pyramiden" gesehen. Das brachte dem Sender einen Marktanteil von satten 43,2 Prozent ein. Grund zur Freude in Mainz: Erwartet hatte man nämlich nur 100 000 Cheops-Fans.

Mathias Sauermann

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