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L’âge du Fer dans l’arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l’âge du Fer. Actes du xxixe colloque international de l’AFEAF ; Bienne, 5-8 mai 2005, volume 2. Barral Ph., Daubigney A., Dunning C., Kaenel G., Roulière-Lambert M.-J. (éds.), Besançon : Presses universitaires de Franche-Comté, 2007, 463-472 (Annales Littéraires ; Série « Environnement, sociétés et archéologie ») EinigE ÜbErlEgungEn zu FlussFundEn dEr latènEzEit Martin schönFEldEr* Zusammenfassung Latènezeitliche Flußfunde sind zeitbedingten Veränderungen unterworfen: Nach der fast fundleeren Hallstattzeit gelangen in der Frühlatènezeit nur besondere Objekte in die Gewässer. Ab der Mittellatènezeit dominieren Waffenfunde, darunter auch Massendeponierungen, wie in den Heiligtümern. im Laufe der Spätlatènezeit kommen Münzen hinzu, die bis in die römische Kaiserzeit weiterlaufen und eine Anbindung der Deponierungssitten an die der gallorömischen Kultur erlauben. Résumé Les découvertes fluviales de l’époque de La Tène évoluent au cours du temps : après l’époque du Hallstatt qui n’en connaît pratiquement pas, seuls des objets particuliers sont déposés dans les eaux durant La Tène ancienne. À partir de La Tène moyenne les armes prédominent, avec des dépôts en grandes quantités comme on en connaît dans les sanctuaires. À La Tène finale, la pratique de l’offrande monétaire s’ajoute à celle du dépôt d’armes, une pratique qui se prolonge à l’époque impériale et permet ainsi d’établir le lien avec les rites de déposition gallo-romains. Abstract River finds of the La Tène period change through time: after the Hallstatt period with nearly none, Early La Tène has only particular objets as river finds. From Middle La Tène onwards, weapons are predominant and even mass depositions can be found, like in sanctuaries. During the Late La Tène period, coins are added, which continue during the roman period. This proves the continuity of the deposition habits within the gallo-roman culture. EINLEITUNG Bereits seit langer Zeit hat die vorgeschichtliche Forschung die Bedeutung der Fundgattung der Flußfunde diskutiert. Bahnbrechende Untersuchungen sind in den letzten Jahrzehnten erschienen und haben zu der Erkenntnis geführt, daß der überwiegende Teil der Objekte aufgrund bewußter Niederlegungen und keinesfalls aufgrund von Verlust oder abgeschwemmten Grabhügeln oder Siedlungen auf uns gekommen ist. Erwähnt werden sollen hier die methodischen Untersuchungen von W. Torbrügge (1970/71), inspiriert sicher vom beim Kraftwerksbau trockengelegten Bett des Inn (Torbrügge 1960), sowie die taucharchäologischen und flußgeographischen Untersuchungen von L. Bonnamour (zuletzt Bonnamour 2000) sowie A. Dumont in der Saône (2002). Es wurde diachron gearbeitet; die grundlegenden Interpretationen gelten vom Neolithikum bis in das Mittelalter. Jüngere Arbeiten von deutschen Kollegen, so von G. Wegner (1976) und St. Wirth (1993), gehen * UMR 5594/3 - Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte, Ernst-Ludwig-Platz 2 D -55116 Mainz ; Schoenfelder@rgzm.de 463 L’âge du Fer dans l’arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l’âge du Fer hauptsächlich von der Bronzezeit aus bzw. beschränken sich im wesentlichen auf einen Katalog (Kurz 1995). Nach der auffälligen und interpretationsbedürftigen Fundlücke für weite Teile der Hallstattkultur werden die Flußfunde in der Latènezeit wieder zahlreicher. Besonders hilfreich für die Interpretation ist allerdings die römische Kaiserzeit, in der sich eindeutige Weihungen und reiche Münzfunde besonders gut zur Argumentation eignen (Haupt 2005). Aufgrund der Diskontinuitäten zwischen der Spätlatènezeit und der Kaiserzeit in weiten Bereichen Süddeutschlands hat man hier allerdings auf Analogien verzichtet – im Bereich der „gallo-römischen” Kultur in Frankreich hingegen ist eine Untersuchung unter dem Blickwinkel beider Perioden zu fordern. Nun soll es darum gehen, den Charakter der latènezeitlichen Flußfunde näher zu beschreiben und sie im überregionalen Maßstab zu untersuchen. Dabei kann keine Studie mit einem umfangreichen Corpuswerk latènezeitlicher Gewässerfunde vorgelegt werden. Einzelne Phänomene sollen beschrieben werden, wobei die aufgezählten Beispiele keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben können – dazu wären neben weiteren Literaturrecherchen auch umfangreiche Studien in Archiven und Museen notwendig, wie sie nur in lokalem Maßstab geleistet werden können. HALLSTATTZEITLICHE FLUSSFUNDE – EIN REGIONALES PHäNOMEN Die Funde von hallstattzeitlicher Bewaffnung aus Gewässern in Süddeutschland (BadenWürttemberg und Bayern) sind auf wenige Ausnahmen beschränkt (Torbrügge 1970/71 : 91-93; Wegner 1976 : 42). Die seltenen Schwertfunde der Stufe Ha C – und dann auch noch bronzene Schwerter vom Übergang zur Stufe Ha B3 – aus dem Rhein bei Bacharach und „vermutlich aus dem Rhein bei Mainz” (Wegner 1976 : 42) zeigen insbesondere im Vergleich zur Kartierung der Schwertfunde der Stufe Ha B3 einen deutlichen Kontrast, der in einem veränderten menschlichen Verhalten und nicht in der Zufälligkeit von Verlustfunden begründet sein muß (Wegner 1976 : Taf. 77). Der Unterlauf von Maas und Rhein in den Niederlanden sowie der untere Bereich der Saône in Burgund mit ihren zahlreichen (bronzenen) Schwertern sind hierbei ebenfalls regionale Ausnahmen (Gerdsen 1986 : 46 Karte 12), die zumindest teilweise auf das Weiterlaufen von Deponierungssitten des Atlantischen Kreises zurückzuführen sind. Auch Norddeutschland hat einige hallstattzeitliche Gewässerfunde zu verzeichnen: Bronzegefäße und Schwerter (vgl. Cosack 1985; Geschichte 1993; Häßler 1992; Kiekebusch 1959) – Objekte, die in diesem Bereich nicht in Gräbern vorhanden sind, womit die häufige Interpretation als abgeschwemmte Reste von Grabhügeln hinfällig ist. W. Torbrügge sprach hier von einer „regionalen Gegenprobe” im Vergleich zur Verbreitung der Objekte in Süddeutschland (1970/71 : 91). Für die Späthallstattzeit ist ein ähnliches Phänomen zu verzeichnen, wobei natürlich die Lanzenbewaffnung aufgrund des nur schwer zu datierenden Fundmaterials unberücksichtigt bleiben muß. Jedoch stellte bereits S. Sievers fest, daß in den Schweizer Seen hallstattzeitliche Dolche durchaus zum Fundmaterial gehören (1982 : 116). Auch die Saône hat zumindest bei Chalon-sur-Saône/ „Gué des Piles” einen Dolch geliefert (Bonnamour 1990 : 65 Abb. 50). Die Überlieferung einer ithyphallischen Holzstatue aus der Saône bei Seurre (zusammen mit einigen Scherben; Bonnamour 2000 : 30) wirft ein Licht auf Vorläufer von latènezeitlichen Holzstatuen, wie sie aus Villeneuve und Yverdon-les-Bains (beide Kt. Vaud) sowie aus Genf (Kt. Genf) bekannt sind (Wyss 1979; Curdy et al. 1992 : 293), doch ist die Überlieferung zu vereinzelt, um zwischen Zufall und regelhaftem Befund abwiegen zu können. DIE QUALITäT DER OBJEKTE ZäHLT: DIE FRÜHLATèNEZEIT In der Frühlatènezeit sind Gewässerfunde noch weitgehend selten. Dabei fällt zuerst die Verbreitung auf: Regionen ohne Helme und Pferdegeschirr in Gräbern (oder nur mit vereinzelten Exemplaren) können solche als Gewässerfunde besitzen. Bekannte Beispiele sind hier die Helme vom Typ Berru aus dem Main bei Garstadt (Lkr. Schweinfurt; Pescheck & Uenze 1992 : 62 f. Taf. 29), aus dem Rhein bei Wörth (Lkr. Germersheim; Engels & Nauert 2000) und aus der Saône bei Montbellet 464 (Dép. Saône-et-Loire; Gras 1999) (Abb. 1). Auch der Helm von Amfreville-sous-les-Monts (Dép. Eure) ist ein Gewässerfund – aus einem alten Arm der Seine (Duval et al. 1986) – und ebensowenig ein Grabfund wie der Prunkhelm von Agris (Dép. Charente), der aus einer Grotte stammt (Gomez de Soto 1996). Eine ähnliche, die Champagne als Gräberzone ausklammernde Verbreitung wurde auch für durchbrochene Zierscheiben und besonders aufwendiges Pferdegeschirr aus Flüssen bes- Schönfelder M. - Einige Überlegungen zu Flußfunden der Latènezeit Abb. 1 Helme vom Typ Berru: 1 Main bei Garstadt (Lkr. Schweinfurt; Pescheck & Uenze 1992). – 2 Rhein bei Wörth (Lkr. Germersheim; Engels & Nauert 2000). – 3 Saône bei Montbellet (Dép. Saône-et-Loire; Gras 1999). – M = 1:4. 465 L’âge du Fer dans l’arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l’âge du Fer chrieben (Wegner 1976 : Taf. 80). Zu den beiden Flußfunden aus dem Rhein bei Mainz und bei Bingen (Wegner 1976 : Nr. 422; Jacobsthal 1944 : Nr. 191) wären die zweifach gebrochene Trense mit verzierten V-Knebeln aus Pfahlheim/Donauwörth (Pauli 1983) (Abb. 2) sowie die Bronzetrense aus der Saône bei Pont de Vaux (Dép. Saône-et-Loire) hinzuzufügen (Bonnamour 1985/86 : 72 Abb. 30). Ein Führungsring aus der Zihl bei Brügg (Kt. Bern) sowie eine Zierscheibe aus der wasserdurchflossenen Grotte von Han-sur-Lesse in Belgien (Mariën 1980) ergänzen die Verbreitung ungewöhnlicher Objekte (Wyss et al. 2002 : 71 Taf. 51, Nr. 171). Für die Dolche der Frühphase der Stufe Lt A, wie sie aus der Champagne bekannt sind, ist ein Fund aus dem Rhein bei Neupotz (Lkr. Germersheim; U. Schaaff in Künzl 1993 : 57ff.) ein ebensolcher Ausreißer; von dort stammt auch eine Tessiner Situla (U. Schaaff in Künzl 1993 : 65ff.). Im Gegenzug ergänzt die Maskenfibel aus der Marne bei Port-à-Binson (Dép. Marne; Kruta 1989) das Verbreitungsbild der hauptsächlich aus Süddeutschland und Böhmen bekannten Exemplare. Ein weiterer Aspekt der frühlatènezeitlichen Flußfunde ist ihre besondere Qualität, die bereits bei den schon aufgezählten Stücken auffallend war. Weiter sind z.B. verzierte bronzene Schwertscheiden, die sich von den üblichen Exemplaren unterscheiden, aus der Saône bei Allerey (Dép. Saône-et-Loire; Bonnamour 1990 : 66 Nr. 70) und aus der Lušnice bei Veselí nad Lušnicí in Böhmen (Beneš & Sankot 1995 : 145 ff.) bekannt. Letzteres Exemplar ist noch dazu zusammen mit einer Tessiner Situla der bislang einzige bekannte Flußfund der Frühlatènezeit in Böhmen. Eine etruskische Bronzesitula aus Lauffen am Inn wäre hier weiter anzufügen (Heger 1973). Die „klassischen” Fundplätze der Schweiz wie La Tène und Port liefern bereits einige Schwerter der Stufe Lt A (de Navarro 1972 : 34); aus der Zihl bei La Tène stammen nach J. M. de Navarro acht Schwerter der Stufe Lt A neben ca. 160 Exemplaren der Stufe Lt C. Sie können aber noch nicht als kollektives Opfer in Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen gewertet werden. Auch aus der Saône beginnt das Fundmaterial spärlich zu fließen: Ein Schwert mit Eisenscheide mit geometrischem Muster aus Ciel/„Gué de Chapot” (Dép. Saône-et-Loire; Bonnamour 1990 : 76 Nr. 78) ist eines der wenigen Exemplare. DIE ZEIT DER HEILIGTÜMER AM FLUSS: LT C UND D Die Phase Latène C ist unter anderem durch große Heiligtümer mit Waffenweihungen gekennzeichnet, wie sie in Nordfrankreich, aber darüber hinaus auch bis nach Deutschland (Altenburg bei Römersberg, Schwalm-Eder-Kreis: Fiedler/ Hendler 1984; Manching, Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm : Sievers 1991) und Österreich (Roseldorf: Holzer 2003) zu finden sind. Wenn Flußfunde aus dieser Epoche geborgen werden, handelt es sich hauptsächlich ebenfalls um Waffen, was gewisse Analogien erlaubt. Die großen Schweizer Fundstellen La Tène (Vouga 1885; 1923), Cornauxles-Sauges (Schwab 1973 : 59-70) und Port (Wyss et al. 2002) im Mittelland sind dabei die besten Vertreter. Hinzu kommt, daß von hier auch Brücken- oder Stegkonstruktionen vorliegen, die auf eine Überquerung eines stehenden oder fließenden Gewässers hindeuten. Daß diese Brücken Teile eines Wegenetzes sind, hat P. Jud unlängst dargelegt (Jud 2000). Derartige Plätze mag es auch vielfach andernorts gegeben haben, jedoch waren die Entdeckungsbedingungen durch die Jura-Gewässerkorrekturen nirgends günstiger als im Schweizer Mittelland. Ein weiterer Fundplatz ist hier jedoch vergleichbar: die Hafensituation von Pommeroel in Belgien, wo neben Waffen auch ein halbierter Goldtorques gefunden wurde (de Boe & Hubert 1978 : 14f. Abb. 9), wie er auch aus La Tène vorgelegen hatte (Vouga 1923 : 67 Abb. 8) (Abb. 3); 466 dieses Objekt ist inzwischen verschollen. Ein halbierter Torques sowie sechs Münzen aus Gold fanden sich auch im Heiligtum von Ribemont-surAncre (Dép. Somme; Brunaux 2000 : 29). Weitere Konzentrationen von mittel- und spätlatènezeitlichen Waffen aus Flüssen sind bekannt, jedoch wird das Fundbild häufig durch die Überlieferung als Baggerfund gestört, und die Objekte kommen über mehrere Gemeinden verteilt zum Vorschein. Beispiele sind hier der Rhein bei Mainz (Wegner 1976), die Donau unterhalb von Ulm (Wehrberger & Wieland 1999) sowie bei Regensburg an der Naabmündung und im Stadtgebiet (Abb. 4) (Stroh 1951). Auch neue Fundplätze treten hinzu, so der Rhein bei Rheinzabern (Schulz 2003), der aus einem schmalen Abschnitt in den letzten Jahren drei deformierte Schwerter der Stufe Lt C1 geliefert hat. Neben Waffen fallen gerade bei Mainz und bei Ulm auch die bekannten spätrepublikanischen Bronzegefäße auf (2 kleine Situlen sowie eine Griffschale Typ Aylesford, freundl. Hinweis M. Klein, Landesmuseum Mainz). Ihre Interpretation als Flußopfer ist unsicherer, da sie in dieser Deutlichkeit in den bekannten Heiligtümern fehlen. Auch die Saône hat hier zahlreiche Schwerter sowie vorrömische Bronzegefäße von zahlreichen Furtsituationen geliefert (Bonnamour 1990; Baratte et al. 1984), wenngleich eindeutige Schönfelder M. - Einige Überlegungen zu Flußfunden der Latènezeit Abb. 2: Trense aus Pfahlheim (Ostalbkreis), vermutlich aus den Donauschottern der Umgebung von Donauwörth (Lkr. DonauRies). – (Foto Frankenstein/ Zwietasch, Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, nach Schickler 2001). – M = 1:3. Abb. 3: Halbierte Goldtorques: 1 Ribemont-sur-Ancre. – 2 Pommeroel. – 3 La Tène. – (Nach Brunaux 2000, 29; de Boe/Hubert 1978; Vouga 1923). – M = 1:2. Konzentrationen mit Analogien zu den Schweizer Fundorten bislang fehlen. Dies mag aber auch mit der jeweiligen Flußgeschichte und den Baggerarbeiten verbunden sein. Das zahlenmäßige Übergewicht an Schwertern und die geringe Anzahl an Schilden mag mit den Strömungsverhältnissen zusammenhängen: Schilde mit ihren hölzernen Bestandteilen schwimmen leichter davon und verteilen sich über die Deponierungszone hinaus, außerdem bieten sie der Strömung eine größere Angriffsfläche – etwa bei Hochwasser, wenn sie einmal auf den Grund gesunken sind. Somit ist ihr Anteil an den Flußfunden sehr gering. Schwerter hingegen besitzen ein so hohes Gewicht, daß sie in Gewässern mit geringem Gefälle außerhalb der Alpen kaum davon gespült werden können; trotzdem können auch sie flußabwärts transportiert werden, wenn die gesamte Sand- und Schlammschicht, in der sie eingebettet sind, bei verstärkter Strömung in Bewegung gerät. Bronzegefäße und Helme fallen durch ihr Volumen bei Baggerarbeiten am ehesten auf – und natürlich werden am leichtesten Objekte identifiziert, deren Funktion heute noch erkennbar ist und die nicht dick mit einer Oxydschicht mit anhaftenden Kieseln bedeckt sind. Andere Flüsse, wie die Mosel und die Loire, kennen kaum Flußfunde, wobei hier die Überlieferu ngsbedingungen noch genauer analysiert werden müßten: Bei der Mosel beschränken sich latènezeitliche Funde weitgehend auf Kleinobjekte, so z.B. Fibeln und Schmuck aus dem Bereich der Trierer Moselbrücke, unter anderem zusammen mit latènezeitlichen und römischen Münzen – hier allerdings von einem der reichsten Fundorte in der Kaiserzeit überhaupt (Trier 1984 : 163ff. Nr. 36, b. c; Fontaine 2001). Aus dem Westen Frankreichs sind bis auf besondere Stücke wie Knollenknaufschwerter (Gendron et al. 1986) keine latènezeitlichen Waffen aus Flüssen publiziert. Auf die besondere Fundgattung der Knollenknaufschwerter, die fast ausschließlich aus Gewässern stammt, wurde bereits mehrfach hingewiesen, nicht zuletzt bei den Datierungsversuchen (Gendron et al. 1986; Wehrberger, Wieland 1999 : 237-243). 467 L’âge du Fer dans l’arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l’âge du Fer FLUSSFUNDE KELTISCHER MÜNZEN Für die Interpretation latènezeitlicher Flußfunde sowie der Fundstellen als Orte mit rituellem Charakter sind Münzfunde von besonderer Wichtigkeit. Zum einen sei auf den Fundort La Tène verwiesen, der neben zahlreichen latènezeitlichen Stücken, darunter auch Goldmünzen, wenige römische Münzen geliefert hat (Allen 1973). Der benachbarte Fundplatz Cornaux-les-Sauges erbrachte hingegen nur eine Potinmünze (Nick 2000 : 49), wenngleich unter ganz anderen äußeren Fundumständen. Je eine keltische Goldmünze stammt von Flußübergängen bei Steinheim am Main (Wegner 1976 : Kat. 200) und bei Würzburg (Wegner 1976 : Kat. 73). Zahlreiche Münzen aus Gold, Silber, Bronze und Potin stammen aus dem Bereich der Römerbrücke bei Trier (Trier 1984 : 167 Nr. 37, 5; 10-11, 14; 17-18; 25-26; 38-40; 47; 51; 53-54; 56). Da hier auch ungeheure Mengen römischer Münzen gefunden wurden, sind die latènezeitlichen Stücke an den Beginn der römischen Flussdeponierungen zu stellen; in La Tène setzte hingegen ein Wandel von der Waffen- zur Münzdeponierung ein, bei dem die Stücke des 1. Jahrhunderts n. Chr. in die Endphase fallen. Andere Flußübergänge nahe latènezeitlicher Fundstellen und Oppida haben ebenfalls keltische Münzen geliefert, so die Furt „Ramier-duBazacle” bei Toulouse (Savès 1976 : 31), die Furt „Port-Nayme” am Doubs bei Besançon (Nick 2000 : 49) und die Limmat bei Zürich („Potinklumpen”: Nick 2004). Auffallend scheint das Fehlen von derartigen Fundhäufungen an der Saône, wo doch für alle Regionen die geringe Wahrscheinlichkeit der Auffindung von Kleinstobjekten (abgesehen bei bekannten Brücken und anderen Fundstellen) gelten sollte. DIE KONTINUITäT IN DIE RÖMISCHE ZEIT: WEIHUNGEN BEI FLUSSÜBERQUERUNGEN In vielen Bereichen ist eine Kontinuität der Flußfunde festzustellen. Einerseits sind hier kontinuierlich durch die Natur vorgegebene Flußübergänge zu nennen, aus denen Deponierungen stammen – Beispiele sind hier Rheinübergänge bei Mainz (Wegner 1976 : 24-28; Klein 2000), aber auch die Trierer Moselbrücke, wo zwei Weihungen mit Inschriften in der Form eines Bugs eines Votivschiffes (Fontaine 2001 : 98-100; Büttner 1964) deutliche Zeugnisse für den rituellen Charakter beispielsweise anderer figürlicher Bronzen und der enorm zahlreichen römischen Münzfunde ablegen – K.-J. Gilles spricht von „mehr als 500 000 römische[n] Münzen” (Gilles 2001) – die aber auch zurück in die Spätlatènezeit gehen (Trier 1984 : 167). Jedoch werden hier inschriftlich nicht eine Fluß- oder Gewässergöttin angerufen, wie z. B. die Sequana an den Seine-Quellen (Deyts 1994), sondern numini augusti und der genius proretae, der Schutzgott der Bootsleute im Vorschiff (Abb. 5). Auch von anderen Flußübergängen sind ähnlich große Mengen von römischen Münzen bekannt, so an der Garonne bei Toulouse (Savès 1976 : 31), aber auch bei der Themsebrücke in London, die sich am Scheitelpunkt der Flut befindet (Merrifield 1987 : 26). Die Furten der Saône haben mit ihrem Fundmaterial aus Baggerfunden und regulären Ausgrabungen die Kontinuität der Auswahl von Metallgefäßen und Waffen als Objekte vorsätzlicher Niederlegungen deutlich bestätigt (Bonnamour 2000). Jedoch treten gerade in römischer Zeit weitere Fundkategorien hinzu, die stärker von einem Verlust alltäglicher Dinge oder auch deren Deponierung zeugen. Eine Kontinuität der Fibel-, Münz- und Waffenweihungen ab der Stufe Lt D kann auch am niederländischen Fundort Kessel/Lith im Deltabereich von Maas und Waal festgestellt werden (Roymans 2004 : 103-193). Hier handelt es sich allerdings nicht um einen üblichen Fundplatz von Flußfunden an einer Furt, sondern um einen besonderen Ort, der etwas räumlich versetzt im 1. Jahrhundert n. Chr. durch einen steinernen Umgangstempel monumentalisiert wurde. N. Roymans interpretiert ihn als einen der zentralen Heiligtümer der Civitas Batavorum und seinen Vorläufer. SCHLUSSBEMERKUNGEN Letztendlich hilft die Kontinuität der Flußfunde von Gegenständen wie Münzen und Waffen aus der Latènezeit in die um schriftliche und mehr bildliche Quellen angereicherte gallorömische Kultur, sie als bewußte Deponierungen an mehr oder weniger als Heiligtümer ausgestalteten Flußüberquerungen zu interpretieren. Jedoch 468 werden nicht alle diese Ort – unabhängig vom Verkehrsaufkommen – gleichermaßen bedeutsam gewesen sein: Private und kollektive Opfer lassen sich anhand ihres Umfanges unterscheiden; trotzdem sind einzelne Weihegaben aufgrund der Analogie mit bedeutenderen Fundorten als solche zu erkennen. Da bei der Niederlegung Schönfelder M. - Einige Überlegungen zu Flußfunden der Latènezeit Abb. 4 Latènezeitliche Schwerter aus der Donau bei Regensburg: 1-4 Naabmündung bei Regensburg. – 5 Stadtgebiet Regensburg (nach Stroh 1951). – M = 1:6. Abb. 5 Bronzeprora aus der Mosel bei Trier (nach Büttner 1964). 469 L’âge du Fer dans l’arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l’âge du Fer zahlreicher Waffen an ähnliche Vorgänge wie in den Heiligtümern auf festem Boden zu denken ist, mögen konkrete Gewässergottheiten eine geringe- re Rolle gespielt haben als der allgemein numinose bzw. identitätsstiftende Charakter eines solchen Platzes bzw. seiner Opferhandlungen. LITERATUR allen, 1973 : ALLEN (D. F.). – The coins found at La Tène. Études Celtiques, 13, 1973, p. 477-521. baratte et al., 1984 : BARATTE (F.), BONNAMOUR (L.), GUILLAUMET (J.-P.), TASSINARI (S.). – Vases antiques de métal au musée de Chalon-sur-Saône. Dijon, 1984. (Revue Archéologique de l‘Est et de Centre-Est, Supplément 5). beneš & sankot, 1995 : BENEŠ (A.) & SANKOT (P.). – Eine frühlatènezeitiche Schwertscheide aus der Lužnice. in : Archäologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen, 4 Treffen Mariánská Týnice 1994. 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