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Mythisches Schiff Forscher wiederholen Argonauten-Fahrt

Die "Argo", das mythische Schiff des griechischen Sagenhelden Jason und seiner Getreuen, soll wieder fahren: Griechische Archäologen und Schiffbauer haben den fahrbaren Untersatz der Argonauten nachgebaut und wollen die sagenhafte Fahrt jetzt wiederholen.

Was Jason vorhatte, konnte wohl nur von einem antiken Sagenhelden vollbracht werden: Er sollte ins Schwarze Meer segeln und das Goldene Vlies - ein heiliges Widderfell - aus Kolchis stehlen und nach Griechenland zurückbringen. Von Griechenland aus gesehen aber lag das Schwarze Meer nicht eben um die Ecke, zumindest nicht für die Seefahrer der Antike. Deshalb musste ein ganz besonderes Schiff her.

Der Sage zufolge baute Argos die nach ihm benannte "Argo": ein für damalige Verhältnisse gewaltiges Schiff mit einem Segel und 50 Rudern, gebaut aus Pinien vom Berg Pelion. Keine Geringere als die Göttin Athene selbst soll den Bau geleitet und dem Schiff außerdem ein dodonäisches Eichenholz spendiert haben, das angeblich sprechen und die Argonauten vor Gefahren warnen konnte. Für den Trip nach Kolchis hatte Jason echte Hochkaräter engagiert: Unter anderem sollen Herakles, Orpheus, Kastor und Pollux an Bord der "Argo" gegangen sein.

Ob die modernen Archäologen und Schiffbauer, die für den Bau der neuen "Argo" verantwortlich sind, ebenfalls göttlichen Beistand erfleht haben, ist ungewiss. Doch nun ist das Schiff nach mehrmonatiger Bauzeit bereit zum Stapellauf: Am Sonntag wird die "Argo" zu Wasser gelassen werden. In den kommenden Monaten soll sie zunächst mehrere Probefahrten absolvieren, wie der Stadtrat im griechischen Volos jetzt bekanntgab. Die Reise nach Georgien am Schwarzen Meer werde voraussichtlich im Sommer 2007 beginnen.

Rekonstruktion nach historischen Quellen

Die Archäologen erwarten von der rund zwei Monate dauernden Fahrt neue Erkenntnisse über die Schifffahrt im Altertum. Die Besatzung besteht aus rund 50 Ruderern und Seglern, die aus Griechenland und anderen europäischen Staaten stammen.

Das Ziel des Projekts ist die Rekonstruktion eines der ersten Schiffe mit Rammsporn, die vermutlich im 14. Jahrhundert vor Christus aufkamen. Die "Argo" sei so weit wie möglich nach historischen Quellen rekonstruiert worden, erklärte Projektleiter Evangelos Goussis. Allerdings gebe es von dem mythischen Schiff selbst nur mündliche Beschreibungen.

Die "Argonauten der Moderne" planen, entlang der Ägäisküste ins Marmarameer und von dort ins Schwarze Meer zu gelangen. In der frühen Antike fuhren die Seeleute fast immer in Sicht der Küste, um sicher zu navigieren. Jason raubte der Sage nach das Goldene Vlies schließlich mit Hilfe der Herrschertochter Medea und kehrte nach zahlreichen Abenteuern nach Iolkos zurück.

Es ist nicht das erste Mal, dass Archäologen historische Schiffe nachbauen, um mehr über ihre Funktionsweise zu erfahren. Denn verlässliche Überlieferungen über die Schiffsbaukunst alter Zeiten sind selten, so dass eine Rekonstruktion auf Basis möglichst präziser Vermutung oft die einzige Möglichkeit ist, Theorien über alte Schiffe zu testen. Dahinter steht die für die Archäologie wichtige Frage, inwieweit frühe Kulturen technisch in der Lage waren, miteinander in Kontakt zu treten.

Der norwegische Forscher und Abenteurer Thor Heyerdahl etwa wurde auf diese Weise berühmt: Mit der "Kon-Tiki", einem einfachen Floß aus Balsaholz, überquerte Heyerdahl mit seinem Team den Pazifik von Südamerika bis nach Polynesien. Damit bewies er nicht nur, dass eine frühe Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus möglich war. Er förderte auch die längst vergessene Kunst, ein Floß mit einfachen Mitteln zu steuern und mit ihm gegen den Wind zu kreuzen, wieder ins moderne Bewusstsein zurück.

mbe/dpa