Vorderasiatische Archäologie
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Forschungen am Tigristunnel/Türkei (2004)

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Im Südosten der Türkei, etwa 100 km nordöstlich von Diyarbakir, windet sich der östliche Quellfluss des Tigris durch die Ausläufer des Taurus-Gebirges. An der Stelle, an der der Fluss aus einer natürlichen Höhle tritt, haben assyrische Könige Felsinschriften und Reliefs hinterlassen.

Im September 2004 konnte ein Team der Universität München unter Leitung von Dr. Andreas Schachner in diesem bisher unbekannten Gebiet dank der Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen archäologischen Survey durchführen.

Geographie und Forschungsgeschichte

Im September 2004 erkundete ein Team der Universität München den Umkreis des so genannten Tigris-Tunnel. Der so genannte Tigris-Tunnel liegt etwa 25 km nördlich der Kreisstadt Lice in der Provinz Diyarbakir (ca. 90 km entfernt, Lagekarte). Heute führt die Hauptstraße Lice-Genç-Bingöl in unmittelbarer Nähe vorbei. Sie folgt einem der wenigen leicht gängigen Gebirgspässe, der die Verbindung zwischen dem Tiefland Südostanatoliens und den Gebirgen Ostanatoliens herstellt und seit dem Altertum intensiv genutzt wurde.

Obwohl die Existenz assyrischer Reliefs und Inschriften seit 1862 bekannt ist, konnten sie bis heute nicht adäquat wissenschaftlich untersucht und dokumentiert werden. Der bisherige Kenntnisstand beruhte weitgehend auf Forschungen von C. Lehmann-Haupt und W. Belck 1898/99 sowie einigen kurzen Besuchen. Gleichzeitig konzentrierten sich sämtliche Forschungen auf die assyrischen Denkmäler, ohne das vielfältige archäologische Material im Umfeld zu erfassen. Deshalb war neben einer vollständigen Dokumentation der Reliefs und der Inschriften die Erfassung und Kartierung sämtlicher Denkmäler im Umfeld des Tigris-Tunnels Ziel des Projekts.

Höhlensystem

Nur wenige hundert Meter östlich der Stelle, an der die Strasse zu allen Zeiten den Dibni Fluss, den östlichen Quellfluss des Tigris, überqueren muss, scheint dieser einem Felsmassiv zu entspringen. Tatsächlich fließt der Fluss etwa 900 m durch einen natürlichen Tunnel unter dem Ausläufer des Korha Dagi hindurch, um dann in Birkleyn (zu deutsch: die Stelle, an der er entspringt) aus dem Berg herauszukommen. Da diese einmalige geographische Konstellation bis in die frühe Neuzeit nicht verstanden wurde, galt die Stelle den antiken Autoren (z. B. Plinius) als einer der Übergänge in die Unterwelt. Obwohl in den altorientalischen Keilschriftquellen keine besondere mythische Bedeutung überliefert ist, hatte der Ort zweifelsohne eine erhebliche Anziehung, die neben der strategischen Bedeutung des Passes ausschlaggebend für die Anbringung der Reliefs und Inschriften war.

Parallel zu dem Felsmassiv, unter dem der Fluss fließt, liegt nördlich ein zweites Massiv, die zusammen einen etwa 100-150 m breiten und 750-800 m langen Canyon einfassen. In der Südflanke des nördlichen Felsmassivs befinden sich insgesamt drei große Höhlen bzw. Höhlensysteme, die alle Spuren menschlicher Nutzung aufweisen. Nach Auskunft von Ugur Dogan (Institut für Geographie, Universität Ankara) folgen alle Höhlen natürlichen Rissen im Berg, deren Entstehung auf die noch andauernden Prozesse an den Grenzen zwischen der arabischen und eurasischen Platte zurückzuführen sind. Die Bruchlinien verlaufen nordöstlich-südwestlich durch das Gebiet um die Birkleyn Höhlen.

Höhle I

Höhle I zieht sich etwa 900 m im Zickzack unter dem Massiv des Korha Dagi entlang, das die südliche Begrenzung des Canyons bildet. Der Dibni Çay folgt natürlichen, zwischen 20 und 45 m hohen Felsrissen und Brüchen, um den Berg von Nordosten nach Südwesten zu durchqueren. Während am Eintritt des Flusses und im Tunnel keine menschlichen Spuren erkennbar sind, haben die assyrischen Könige Tiglatpilesar I. (1114-1076 v. Chr.) und Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) den westlichen Ausgang des Flusses für die Anbringung von zwei Reliefs und drei Inschriften gewählt. In byzantinischer Zeit war der durch einen Einsturz des Tunnels verursachte Freiraum, in dem die Reliefs und Inschriften angebracht wurden, mit Mauern in das Befestigungssystem integriert.

Tigris 1

Zwei der Inschriften (Tigris 1 und 2) sind jeweils mit einem Relief verbunden, eine dritte (Tigris 3) steht für sich allein. Sie wurden alle an der Felswand angebracht, die das Nordufer des Flusses bildet. Das ältestes Relief ist gleichzeitig auch das am besten erhaltene und liegt am weitesten westlich aus der Höhle heraus. Es zeigt Tiglatpilesar I. (1114-1076 v. Chr.) und wird links von einer Inschrift begleitet, von der ein Zeichen aufgrund von Platzmangel rechts vom Königs gemeißelt wurde. Inschrift und Relief wurden wie alle übrigen auf einem vorher nicht besonders geglätteten Untergrund angebracht. Das jedoch im Vergleich zu den beiden jüngeren Reliefs in Birkleyn mit relativ tiefen Linien ausgeführte Relief zeigt den König stehend, nach links gewendet und die rechte Hand in einer Anbetungsgeste erhoben. In der linken hält er einen Keulenstab.

Die Inschrift (Tigris 1) befindet sich links vom König und lautet (nach der Bearbeitung von Karen Radner):

„Mit der Unterstützung von Assur, Shamash (und) Adad, den großen Göttern, meinen Herren, bin ich Tukulti-apil-Esharra (Tiglath-pileser I.), König von Assyrien, Sohn des Assur-reshi-ishshi, König von Assyrien, Sohn des Mutakkil-Nusku, ebenfalls König von Assyrien, Eroberer (des Gebietes) des großen Meeres des Amurru-Landes (= Mittelmeer) und des Meeres des Nairi-Landes (= Vansee), dreimal zum Nairi-Land gegangen.“

Ein Vergleich mit älteren Aufnahmen zeigt, dass sich die wahrscheinlich in den frühen 1970er Jahren entstandene Beschädigung der Inschrift seither erheblich vergrößert hat und heute bereits etwa ein Viertel verloren gegangen ist.

Tigris 2

Etwa 5 m weiter östlich, zum Höhleneingang hin, liegt ein weiteres Relief und eine lange Inschrift (Tigris 2) von Salmanassar III. (858-824 v. Chr.). Das Relief ist sehr stark abgerieben, da es an einer Stelle liegt, über die Regenwasser abfließt. Es zeigt Salmanassar III. nach links gewendet, ähnlich wie Tiglat-pilesar I., mit der rechten Hand im Anbetungsgestus erhoben. Die rechte ruht dagegen auf dem Schwertgriff. Die Darstellung entspricht der des Reliefs in Höhle II und ist ähnlich wie dieses nur mit sehr feinen Linien ausgeführt gewesen.

Die Inschrift (Tigris 2) ist im Gegensatz zu den anderen in Bezug auf den Zeilenverlauf und Zeichengröße deutlich unregelmäßiger und lautet (nach der Bearbeitung von Karen Radner):

„Salmanu-ashared (Salmanassar III.), großer König, starker König, König der Gesamtheit, König von Assyrien, König aller großen Völkerschaften, der mit Unterstützung seiner Helfer, der großen Götter Shamash und Adad, machtvoll einhergeht und den sie die mächtigen Berge von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ergreifen ließen; kühner, schonungsloser König, der die Feinde verfolgt und wie Ruinenhügel der Sturzflut gebieterisch unzugängliche Flüsse und Berge betritt; Sohn des Assur-nª%ir-apli (Assurnasirpal II.), Königs von Assyrien, Sohn des Tukulti-Ninurta (II.), Königs von Assyrien; Eroberer (des Landes) vom Meer des Nairi-Landes (= Vansee) bis zum großen Meer des Sonnenuntergangs (= Mittelmeer).

Das Land Hattu in seiner gesamten Ausdehnung, das Land Melidu, das Land Daiªnu, das Land Su‹mu, die Stadt Arzashkun, die Königsstadt des Urartäers Aramu, das Land Gilzanu, das Land Hubushkia – (das Gebiet) von der Quelle des Tigris bis hin zur Quelle des Euphrats, vom Meer des Inneren Mazamua (= Urmiasee) bis hin zum Meer des Landes Kaldu (= Persischer Golf) zwang ich vor meine Füße nieder.

Ich ging nach Babylon (und) brachte Opfer dar. Ich stieg ins Land Kaldu hinunter, unterwarf ihre Städte (und) empfing ihren Tribut.

Adda-idri von Damaskus und der Hamathäer Irhulenu erhoben sich zusammen mit 15 Städten von [der Meeresküste gegen mich]. Viermal kämpfte ich mit ihnen [und verursachte ihre Niederlage].“

Tigris 3

Etwa 5 m weiter östlich, zum Höhleneingang hin, liegt ein weiteres Relief und eine lange Inschrift (Tigris 2) von Salmanassar III. (858-824 v. Chr.). Das Relief ist sehr stark abgerieben, da es an einer Stelle liegt, über die Regenwasser abfließt. Es zeigt Salmanassar III. nach links gewendet, ähnlich wie Tiglat-pilesar I., mit der rechten Hand im Anbetungsgestus erhoben. Die rechte ruht dagegen auf dem Schwertgriff. Die Darstellung entspricht der des Reliefs in Höhle II und ist ähnlich wie dieses nur mit sehr feinen Linien ausgeführt gewesen.

Die Inschrift (Tigris 2) ist im Gegensatz zu den anderen in Bezug auf den Zeilenverlauf und Zeichengröße deutlich unregelmäßiger und lautet (nach der Bearbeitung von Karen Radner):

„Salmanu-ashared (Salmanassar III.), großer König, starker König, König der Gesamtheit, König von Assyrien, König aller großen Völkerschaften, der mit Unterstützung seiner Helfer, der großen Götter Shamash und Adad, machtvoll einhergeht und den sie die mächtigen Berge von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ergreifen ließen; kühner, schonungsloser König, der die Feinde verfolgt und wie Ruinenhügel der Sturzflut gebieterisch unzugängliche Flüsse und Berge betritt; Sohn des Assur-nª%ir-apli (Assurnasirpal II.), Königs von Assyrien, Sohn des Tukulti-Ninurta (II.), Königs von Assyrien; Eroberer (des Landes) vom Meer des Nairi-Landes (= Vansee) bis zum großen Meer des Sonnenuntergangs (= Mittelmeer).

Das Land Hattu in seiner gesamten Ausdehnung, das Land Melidu, das Land Daiªnu, das Land Su‹mu, die Stadt Arzashkun, die Königsstadt des Urartäers Aramu, das Land Gilzanu, das Land Hubushkia – (das Gebiet) von der Quelle des Tigris bis hin zur Quelle des Euphrats, vom Meer des Inneren Mazamua (= Urmiasee) bis hin zum Meer des Landes Kaldu (= Persischer Golf) zwang ich vor meine Füße nieder.

Ich ging nach Babylon (und) brachte Opfer dar. Ich stieg ins Land Kaldu hinunter, unterwarf ihre Städte (und) empfing ihren Tribut.

Adda-idri von Damaskus und der Hamathäer Irhulenu erhoben sich zusammen mit 15 Städten von [der Meeresküste gegen mich]. Viermal kämpfte ich mit ihnen [und verursachte ihre Niederlage].“

Höhle II

Höhle II erstreckt sich in dem Massiv, das die nördliche Begrenzung des Canyons bildet. Sie liegt etwa 50 m höher als Höhle I und ist ca. 250 m lang, bis zu 30 m breit und max. 25 m hoch; sie ist damit die geräumigste aller Höhlen in Birkleyn. Nur in der hinteren Hälfte sind sehr vereinzelt Stalaktitenbildungen zu beobachten.

In den zahlreichen Raubgrabungslöchern ist die lange Nutzungszeit der gesamten Höhle an den aufeinander folgenden Schichten klar erkennbar. Obwohl im Verlauf unserer Untersuchungen vor allem Funde der Eisenzeit und der byzantinischen Epoche gemacht wurden, ist aufgrund der mächtigen Kulturschichten eine weitaus längere Nutzung der Höhle wahrscheinlich.

Ein Gebäude der spätantiken Periode nimmt im Eingangsbereich die gesamte Breite der Höhle ein und kontrolliert den Zugang, während im Inneren vor allem die Westseite bebaut gewesen ist. Die Höhle wurde offenbar als Teil der byzantinischen Festungsanlage genutzt.

Außerhalb der Höhle befindet sich eine natürliche Felsenplattform, an deren Ostseite zwei assyrische Inschriften (Tigris 4 und 5) und ein weiteres Relief angebracht wurden. Alle Denkmäler datieren in die Zeit von Salmanassar III. (858-824 v. Chr.). Das Bild des Königs entspricht den Reliefs in Höhle I. Er ist nach rechts gewendet und hält den rechten Arm in einer Anbetungsgeste erhoben, während die linke Hand auf dem Schwert ruht. Er trägt ein langes Gewand, dessen Oberteil mit einem quer über die Brust laufenden Band verziert ist. Im Gegensatz zu den Reliefs der Höhle I befinden sich hier die Inschriften rechts, das heißt hinter dem Bild des Königs.

Sie lauten (nach der Bearbeitung von Karen Radner):

Tigris 4:

„Salmanu-ashared (Salmanassar III.), großer König, starker König, König von Assyrien, König der Gesamtheit, König aller großen Völkerschaften, der Priester des Assur. Mit Unterstützung seiner Helfer, der großen Götter Shamash und Adad, geht er machtvoll einher, und sie ließen ihn die mächtigen Berge von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ergreifen. Kühner, schonungsloser König, der mit der Waffe tötet, der seine Feinde verfolgt und unzugängliche Flüsse und Berge wie Ruinenhügel der Sturzflut gebieterisch betritt. Eroberer (des Landes) vom Meer des Nairi-Landes (= Vansee) bis zum großen Meer des Sonnenuntergangs (= Mittelmeer).

Das (Gebiet) des Landes Hattu in seiner gesamten Ausdehnung, das Land Melidu, das Land Daianu, das Land Suhmu, die Stadt Arzashkun, die Königsstadt des Urartäers Aramu, das Land Hubushkia, das Land Urartu – (das Gebiet) von der Quelle des Tigris bis hin zur Quelle des Euphrats, vom Meer des Inneren Mazamua (= Urmiasee) bis hin zum Meer des Landes Kaldu (= Persischer Golf) zwang ich vor meine Füsse nieder.

Ich ging nach Babylon (und) brachte in Babylon, Borsippa (und) Kutha Opfer dar. Ich stieg ins Land Kaldu hinunter, unterwarf ihre Städte (und) empfing den Tribut des Landes Kaldu, des Sohnes von Dakkuru (und) des Sohnes von Ukanu (= der Herrscher von Bit-Dakkuri und von Bit-Ukani/Bit-Amukani). Ich gab (Libations)Opfer.

Adda-idri, der König von Damaskus, erhob sich zusammen mit zwölf Königen des Landes Hattu gegen mich. Viermal kämpfte ich mit ihnen und verursachte ihre Niederlage. Ihre Streitwagen (und) ihre Gerätschaften nahm ich ihnen fort. Um ihr Leben zu retten flohen sie.“

Tigris 5:

„O Assur, Adad, Sîn, Shamash, Ishtar, die großen Götter, die meine Königsherrschaft lieben, die meine Herrschaft der Macht, meine Vormachtstellung (und) meinen gewichtigen Namen groß machen – ich, Salmanu-ashared (Salmanassar III.), König aller Menschen, Fürst, Priester des Assur, starker König, König von Assyrien, Sohn des Assur-nasir-apli (Assurnasirpal II.), Königs der Gesamtheit, Königs von Assyrien, des Sohnes des Tukulti-Ninurta (II.), ebenfalls Königs der Gesamtheit, Königs von Assyrien, Eroberer (des Landes) vom Meer des Nairi-Landes (= Vansee) bis zum Meer des Sonnenuntergangs (= Mittelmeer), eroberte das Land Hatti in seiner Gesamtheit. Ich trat in den Paß von Enzu ein. Ich eroberte die Länder Suhmu, Daianu (und) Urartu in ihrer Gesamtheit. Ich setzte ins Land Gilzanu über. Zweimal empfing ich den Tribut des Landes Gilzanu. Dreimal ging ich ins Nairi-Land. An der Quelle des Tigris schrieb ich meinen Namen.“

Höhle III

Höhle III ist neben dem Tunnel, durch den der Dibni fließt, mit ca. 450-500 m das längste Höhlensystem. Ausgehend von zwei kleineren Hallen, die sich in der Nordflanke des Canyons öffenen, zieht sich die Höhle in nordöstlicher Richtung in den Berg. Sie besteht aus abwechselnd engen Spalten und Gängen, die sich immer wieder zu großen Hallen erweitern. Im Gegensatz zu den übrigen Höhlen ist in der Höhle III eine intensive Tropfsteinbildung feststellbar.

Spuren menschlicher Nutzung sind sowohl in den beiden offenen Hallen, als auch im Inneren der Höhle feststellbar. In den beiden zum Kanyon offenen Hallen fand sich Keramik der neolithischen Hassuna-Samarra-Periode und Fragmente von Obsidianwerkzeugen, die auf eine zumindest saisonale Nutzung als Wohnung hindeutet. Im Inneren der Höhle, das aufgrund der niedrigen Temperatur und der Feuchtigkeit kaum als Wohnraum geeignet erscheint, sind Keramik und Kleinfunde der Eisenzeit sowie Keramik wahrscheinlich jüngerer Perioden Indizien für andersartige Nutzungen.

Höhle IV

Höhle IV liegt auf der Nordseite des Abbruchs zum Dibni Çay, unterhalb des östlichen Endes des Kanyons. Sie besteht aus zwei großen Haupthallen, die sich in engen Spalten und Rissen tiefer in den Berg fortsetzen. Da Keramik nur in den beiden großen Hallen gefunden wurde, ist es wahrscheinlich, dass nur diese genutzt wurden. Das vor allem in den Raubgrabungsgruben festgestellte Spektrum umfaßt neben Keramik der neolithischen Hassuna-Samarra Periode auch Formen von der Eisenzeit bis wahrscheinlich ins Mittelalter.

Die spätantike Festungs- und Stadtanlage

Auf dem Felsmassiv, das die südliche Begrenzung des Canyons bildet, und in den nach Südwesten anschließenden Feldern erstreckt sich eine ausgedehnte, sehr regelmäßige Bebauung. Der südliche und westliche Teil einer mit Türmen bewehrte Stadtmauer zeichnet sich klar im Gelände ab, während die nördliche Begrenzung der Erosion zum Opfer gefallen ist. In einem Profil, das durch den Bau der modernen Straße aufgerissen wurde, ist erkennbar, dass die Siedlung auf dem gewachsenen Felsen errichtet wurde. Die auf den durch die Befestigungsanlage eingefaßten Terrassen gefundene Keramik reicht von der byzantinischen bis in seldschukische Zeit. Eine Nutzung in osmanischer Zeit lässt sich durch die Keramik nicht belegen.

Auf dem Felsmassiv haben sich nur auf der Ostseite vereinzelte Mauerteile erhalten, die zusammen mit Abarbeitungen im Fels eine intensive Nutzung der Burg belegen. Von der ursprünglich auf dem gewachsenen Fels errichteten Bebauung hat sich aufgrund der Erosion und der starken Erdbeben (zuletzt 1975) nichts erhalten, so dass heute nur der blanke Fels sichtbar ist.

Einzelne, prähistorische und eisenzeitliche Fundstücke belegen, dass auf dem hangseitigen Feld und eventuell auch auf dem Bergmassiv eine ältere Siedlung existierte, die durch die massiven Baumaßnahmen der byzantinischen Periode gänzlich zerstört wurde. Ältere Baureste als die der spätantiken Periode können zudem an wenigen Stellen auf dem Burgberg nachgewiesen werden. Die Befunde deuten auf die Existenz einer älteren, wahrscheinlich eisenzeitlichen Besiedlung hin und decken sich mit der bildlichen Darstellung einer Festung oberhalb des Tigris-Tunnels auf dem Bildstreifen X einer bronzenen Torverzierung aus Balawat aus der Zeit von Salmanassar III.

Ob die von Lehmann-Haupt als chaldäisch (bzw. urartäisch) angesprochene Treppenanlage auf der Südseite des Felsmassivs aus dieser Zeit stammt, muß angesichts deren Einbindung in die byzantischen Bauten bezweifelt werden. Vielmehr dürfte es sich um einen Teil der spätantiken bis früh-mittelalterlichen Anlage handeln.

Die Anfertigung der Abklatsche

Der Erhaltungszustand insbesondere der Reliefs von Salmanassar III. und der Inschriften Tigris 2, 4 und 5 ist aufgrund natürlicher und menschlicher Faktoren teilweise sehr schlecht. Um eine möglichst genaue Dokumentation und Bearbeitung zu gewährleisten, wurden von allen Inschriften und Reliefs Papierabklatsche sowie von den Reliefs von Höhle I Silikonabklatsche angefertigt.

Für die Papierabklatsche wurde dickes, ungeleimtes Papier in DIN A2 verwendet, das feucht auf die gesäuberte und angefeuchtete Felswand aufgebracht wurde. Unter stetigem Andrücken nimmt das Papier exakt die Form der Felswand an und ermöglicht so auch die Identifizierung nur noch sehr schwach erhaltener Zeichen, die ohne Abklatsch kaum sichtbar gemacht werden konnten.

Für die Silkonabklatsche wurde Silikon-Kautschuk RTV der Wacker Chemie verwendet. Da erste Versuche zeigten, dass die Oberfläche des Fels neben dem Relief in Höhle II dem Abziehen des Silikon nicht standhält, wurden lediglich die Reliefs im Ausgangsbereich des Tigris-Tunnels abgeklatscht.

Um dem Reissen der Form beim Abziehen vorzubeugen, wurde die Silikonmasse in mehreren Schichten aufgetragen. Auf die mit Spülmittel als Trenner benetzte Felswand wurde eine erste, dünne Schicht Silikon aufgebracht. In diese leicht angetrocknete Schicht wurde ein Stoffnetz eingedrückt, das der Silkikonmasse zusätzlichen Halt gibt. Auf die angetrocknete Schicht wurde in einem zweiten Schritt eine 3-5 cm dicke zweite Schicht Silikon aufgebracht, die sich mit der ersten gut verband und auf dem Netz guten Halt fand. Nachdem diese Silikonform vollständig vulkanisiert war, konnte sie ohne Probleme vom Fels gelöst werden.

Team und Danksagung

Mein Dank gilt alle Studenten und Mitarbeitern sowie der Vertreterin des Ministeriums für Kultur und Tourismus, die durch ihren großartigen Einsatz die Kampagne 2004 zu einem Erfolg gemacht haben.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir für die finazielle Förderung ebenso wie dem Ministerium für Kultur und Tourismus für die Erteilung der Forschungsgenehmigung. Allen staatlichen Stellen in Lice und Diyarbakir, jedoch besonders der Vertreterin des Ministeriums für Kultur und Tourismus sowie den Mitarbeitern des archäologischen Museums in Diyarbakir gebührt unser Dank für die vielfältige Unterstützung, die das Projekt erst möglich gemacht hat.

Die Firmen Sokkia Europa und Thales haben durch die Bereitstellung einer Totalstation bzw. einer GPS-Ausrüstung die topographische Aufnahme des komplexen Gebiets in der zur Verfügung stehenden Zeit ermöglicht. Beiden Firmen und ihren Mitarbeitern sind wir sehr zu Dank verpflichtet, ebenso wie Herrn Otmar Reiter (Landshut), der uns wertvolle Hinweise zur Erstellung von Silikonabklatschen mit auf den Weg gab.